Eklektisch Wohnen mit Persönlichkeit
Als ich angefangen habe, als Interior-Stylistin zu arbeiten, habe ich jahrelang bei renommierten Designern assistiert. Ich weiß noch genau, wie komisch und mitunter „hässlich“ ich einige Farbzusammenstellungen, Muster-Mixe oder gewollte Stilbrüche fand. Irgendwann lernte ich, dass gerade diese bewusst eingesetzten „falschen“ Dinge und Brüche einen Raum erst interessant machen. Heute, zwei Jahrzehnte später, kann ich nicht anders, als eklektisch zu wohnen und meine vielschichtige Persönlichkeit durch meine Räume auszudrücken. Denn Räume von der Stange oder nachgebaute Pinterest-Moodboards, langweilen mich.
Mut und Risikofreude
Stell dir vor, du betrittst einen Raum der nicht nur stilvoll eingerichtet ist, sondern auch Geschichten erzählt: Ein Barcelona Chair von Mies van der Rohe, bezogen mit einem Streifenstoff. Oder ein Platner Chair von Knoll neben einem opulenten Art Deco-Sideboard. Eine moderne skandinavische Lampe, die auf einem Vintage-Tischchen steht. Ein handgemachter Lampenschirm aus Japan, mit einem Fundstück von Omas Dachboden, neben einer Figur von Grete Krämer-Zschäbitz aus den 20ern und einem Ölbild von Olaf Hajek …
Jedes Stück ist einzigartig. Jedes Element spiegelt Individualität wider. Jedes Ensemble spiegelt den Charakter des Bewohners oder der Bewohnerin wider. Keine Frage: Eklektisches Wohnen bricht die Regeln. Aber genau das ist gut so. Denn dieser Stil findet seinen ganz eigenen Charme in der Kuriosität und Vielfalt.
Das Zuhause als Spiegel deiner Seele
Doch die Angst vor Disharmonie und Chaos lässt viele davor zurückschrecken, unterschiedliche Stile, Farben und Formen miteinander zu kombinieren. Oft höre ich: „Was, wenn es am Ende nicht zusammenpasst?“ Auch ich durfte damals erst lernen, mich stilistisch nicht einzuschränken, sondern die Vielseitigkeit der Dinge, Farben und Formen auszuleben – auch als Minimalist.
Die Kunst besteht darin, nicht einfach nur viele verschiedene Dinge zusammenzustellen,
sondern diese bewusst zu kuratieren und auf eine harmonische und inspirierende Weise zu kombinieren.
Uninspirierte Einrichtung
Als ich meinen Besitz verkauft, mehrere Jahre durch Europa gereist und 1,5 Jahre auf Sardinien gelebt habe, wurde mir noch einmal sehr bewusst, wie sehr Räume mich beeinflussen. Auf der Insel mieteten mein Mann und ich ein Haus für längere Zeit. Es gibt dort gab wenig Möbelläden – und wenn, dann nicht nach meinem Geschmack. Miethäuser sind rar, immer möbliert und geschmacklich weit entfernt von dem, was ich mag. Das Resultat? Die Räume unseres Hauses inspirierten mich nicht und ich fühlte mich nicht wohl. Ich bin ein Mensch, der Dinge ändert, wenn sie nicht passen. Aber es gibt Situationen – gerade, wenn man auswandert – da muss man erstmal Kompromisse eingehen und akzeptieren, dass Dinge ihre Zeit brauchen oder nun einmal so sind.
Aber das hatte gravierende Folgen: Meine Kreativität stagnierte. Meine Produktivität ebenfalls. Mein Nervensystem bekam Stress und ich konnte Zuhause schlecht entspannen – sah die ganzen Dinge, die ich am liebsten anders hätte. Ich schlief schlecht und kam nicht richtig an.
Ästhetik ist eine Haltung
Ich hatte vergessen, wie wichtig das Wohnen für mich als Schöngeist und Ästhet ist. Natürlich ist das nicht alles im Leben und die atemberaubende Natur machte vieles wett. Auch brauchte ich die Dinge nicht mehr für mein Ego. Aber ich war um eine Erkenntnis reicher. Manchmal muss man die Dinge fühlen, dann reicht es nicht, sie im zu Kopf theoretisieren. Das ist ein großer Unterschied. Manchmal muss man auch einfach mal den Reset-Knopf im Leben drücken und alles loslassen, um abzuklopfen, was man wirklich braucht – und was eben nicht. Minimalistin bleibe ich trotzdem, aber schöne Dinge sind für mich heute nicht nur ein „nice to have“, sondern Lebenselixier. Ästhetik ist eine Haltung. Und Räume brauchen Persönlichkeit.
Räume erzählen Geschichten
Wer seine Umgebung bewusst gestaltet, entwickelt ein neues Bewusstsein für Gestaltung, Kunst, Design, Farben, Materialien und die eigene Kreativität: Jeder Raum erzählt eine Geschichte. Jede Ecke ist ein Ausdruck der eigenen Reise. Das Zuhause, die Agentur oder das Büro werden so zum Ort der Inspiration, Leidenschaft und Individualität. Und das wirkt sich nicht nur aufs gesamte Leben, sondern auch aufs Business aus. Sidenote: Auch Woche 49 von „The Yeah – der Coach in der Hosentasche„, widmet sich der Vielschichtigkeit. Darin gibt es eine Übung, die dabei hilft, die Leidenschaft zurückzubringen.
Räume hingegen, die keine Emotionen wecken, werden schnell zu Orten, an denen man sich nur physisch aufhält. An denen man sich jedoch nie zu Hause fühlt. Das kann man zwar kurzfristig aushalten, aber nie dauerhaft ignorieren.
Unangepasst, individuell und eklektisch zu wohnen ist die Einladung, Grenzen zu sprengen, sich auszudrücken und mutig zu sein. Dabei geht es nicht um Perfektion oder Trends, sondern um Persönlichkeit und Authentizität.
Perspektivwechsel
In diesem Artikel geht es um den äußeren, räumlichen Blickwinkel der Vielseitigkeit. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille: Die innere, mentale Perspektive auf die Vielseitigkeit, gibt es in der Podcastfolge „Tausendsassa – du darfst alles sein“. Darin geht es darum, was es als vielseitig interessierter Mensch im Business braucht, um sich auf der Langstrecke nicht zu langweilen.